Wilson Alves Pereira
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Vorliegen einer Schenkung bei Übertragung von Konto- / Depotbeständen auf Einzelkonto; Hinterziehungszinsen wegen Schenkungsteuerhinterziehung

FG Nürnberg Urteil vom 15.05.2014 - 4 K 1403/12


Die vollständige Entscheidung lautet:

Streitig ist die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen Hinterziehung von Schenkungsteuer.
Die Klägerin ist Stiefmutter von T, der Tochter ihres Ehemanns.
Die Klägerin übertrug zwischen 1995 und 1997 – der genaue Zeitpunkt ist nicht mehr feststellbar – in der Schweiz befindliches Vermögen auf ein auf T lautendes Konto (XXX-02) bei der Schweizer Bank A. Die Beteiligten gehen einvernehmlich davon aus, dass im Jahr 1997 110.000 CHF und im Jahr 1998 350.000 CHF, zusammen 460.000 CHF, auf T übertragen wurden. Bei einem Umrechnungskurs zum 31.12.1998 von 1 CHF = 1,2143 DM entspricht dies 548.578 DM bzw. 285.596 €.
Der Klägerin war durch T am 15.04.1998 für das Kto. XXX -0 eine Vollmacht eingeräumt worden.
Nachdem T im Jahre 2000 nach ihrer Heirat mit dem Geld „nichts mehr zu tun haben“ wollte, wurde das auf dem Konto befindliche Geld auf ein Konto der Klägerin bei der Schweizer Bank B überwiesen und das auf den Namen von T geführte Konto bei der Schweizer Bank A zum 04.01.2001 durch die Klägerin geschlossen. Im Zeitpunkt der Rückübertragung hatte das Konto (Depot) einen Wert von 707.722 DM bzw. 361.852 €.
Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 08.07.2010, das als Selbstanzeige gewertet wurde, wurde der Sachverhalt dem Finanzamt P mitgeteilt.
Aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts P an das Finanzamt O forderte dieses die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Der Prozessbevollmächtigte vertrat im Schriftverkehr mit dem Finanzamt P die Auffassung, eine Schenkung liege mangels Entreicherung bei der Klägerin, die infolge der Vollmacht Verfügungsbefugnis über das Konto gehabt und auch tatsächlich verfügt habe, nicht vor und beantragte die Adressierung etwaiger Schenkungsteuerbescheide ausschließlich an die Klägerin.
Am 02.02.2011 erließ das Finanzamt O für die Klägerin vier Schenkungsteuerbescheide:
Zuwendung: Wert des Erwerbs: Festgesetzte Schenkungsteuer:
Erwerb der T aus der Zuwendung von Klin. zum 31.12.1997 133.573 DM 0 DM
Erwerb der T aus der Zuwendung von Klin. zum 09.10.1998 60.715 DM 0 DM
Erwerb der T aus der Zuwendung von Klin. zum 02.11.1998 364.290 DM 17.435 € (= 8.914 €)
Erwerb der Klin. aus der Zuwendung von T zum 04.01.2001 707.722 DM 151.294 DM (= 77.355 €)
Die hiergegen eingelegten Einsprüche nahm der Prozessbevollmächtigte wieder zurück.
Mit Schreiben des Finanzamts P vom 21.02.2011 an das Finanzamt O teilte dieses mit, nach Auffassung der Bußgeld- und Strafsachenstelle seien Hinterziehungszinsen festzusetzen.
Mit Bescheid vom 28.03.2011 setzt das Finanzamt O gegenüber der Klägerin wegen Hinterziehung der Schenkungsteuer aus der Zuwendung an die Klägerin vom 04.01.2001 Hinterziehungszinsen i.H.v. 45.249 € fest.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb größtenteils ohne Erfolg. Das Finanzamt O ging weiter vom Vorliegen freigebiger Zuwendungen und des objektiven und subjektiven Tatbestandes einer Steuerhinterziehung aus. Mit Einspruchsentscheidung vom 14.08.2012 setzte das Finanzamt die Hinterziehungszinsen auf 44.476 € herab und ging hierbei von einem Zinslauf von 04.07.2001 bis 15.02.2011 (115 Monate – 57,5 % von 77.350 €) aus.
Der Prozessbevollmächtigte hat für die Klägerin Klage erhoben und trägt vor,
1) T habe nur die Unterschrift zur Eröffnung des Kontos bei der Schweizer Bank A geleistet, seitdem und darüber hinaus aber nie wieder mit dem Geld zu tun gehabt. Die Klägerin habe eine eigene Vollmacht bzw. Verfügungsmacht über dieses Konto gehabt; die Kontovollmachten seien nicht mehr vorhanden. Bei der Klägerin seien die in der Urkunde vom 15.04.1998 genannten, wesentlichen Rechte verblieben. Verfügungen über das Konto seien weiterhin ausschließlich durch sie vorgenommen worden. Der Vermögensverwalter vor Ort sei über die Verhältnisse informiert gewesen. Ausschließlich die Klägerin habe zu ihm Kontakt gehabt; er habe sie persönlich gekannt. T habe keine Verfügungen über die Konten bzw. das Geld vorgenommen. Die Rückübertragung und Auflösung des Kontos von T sei ohne deren Mitwirkung ausschließlich durch die Klägerin veranlasst worden. T habe nicht einmal bei der Eröffnung des Kontos „EMIL“ bei der Schweizer Bank B selbst unterschrieben.
(2) Nach Auffassung von Stiefmutter und -tochter sollte die Klägerin stets weiterhin verfügungsberechtigt sein. T habe nach Absprache im Innenverhältnis nicht verfügen dürfen; es habe der internen Vereinbarung entsprochen, dass die Klägerin weiterhin die Gelder als eigene verwaltete; T sei nur formal als Kontoinhaberin eingetragen gewesen. Zu Lebzeiten sollte die Klägerin frei verfügen können; im Todesfall sollte T die Möglichkeit eingeräumt werden, ohne bürokratischen Aufwand auf das Konto zuzugreifen. Stiefmutter und -tochter hätten keine schriftliche Vereinbarung über ihre Abrede im Innenverhältnis getroffen, weil nach ihrer Auffassung dieses klar geregelt gewesen sei und keine Notwendigkeit für eine schriftliche Vereinbarung bestanden habe.
Die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung und damit einer Verzinsung nach § 235 Abgabenordnung -AO lägen nicht vor.
(3) Schenkung der Klägerin an T und eine Rückschenkung lägen nicht vor, da eine Entreicherung des Zuwendenden und eine Bereicherung des Zuwendungsempfängers nicht gewollt und erfolgt sei. Die Schenkungsteuer entstehe erst dann, wenn die Zuwendung ausgeführt worden sei, d.h. wenn die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis voll und ganz von dem Schenker auf den Beschenkten übergegangen sei. Die tatsächliche wirtschaftliche Verfügungsmacht sei bei der Klägerin verblieben. Der Begriff der freigebigen Zuwendung lehne sich eng an den Begriff der Schenkung nach § 516 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB an. Nach der Zivilrechtslage habe die Klägerin aufgrund der Vollmacht frei über das Vermögen verfügen können, ohne dem formalen Kontoinhaber Rechenschaft erteilen zu müssen.
Materiell sei ein Treuhandverhältnis gewollt gewesen.
Nach der bisherigen strengen Rechtsprechung habe eine erhöhte Darlegungslast bei vorgebrachten Abweichungen von der formalen Ausgestaltung aufgrund zivilrechtlicher Absprache im Innenverhältnis bestanden. Wegen der im Streitfall nicht vorhandenen Dokumentation der zivilrechtlichen Absprache im Innenverhältnis sei die Rechtsauffassung bezüglich Nicht-Bestehens einer Schenkungsteuerpflicht nicht weiterverfolgt und seien die Einsprüche gegen die Schenkungsteuerbescheide wieder zurückgenommen worden. Aus dem BFH-Urteil vom 23.11.2011 II R 33/10 zur Auslegungsregel des § 430 BGB bei „Oder-Konten“ von Ehegatten sei aber nun der allgemeine Grundgedanke zu entnehmen, dass keine überzogenen formalistischen Anforderungen an den Nachweis einer zivilrechtlichen Absprache gestellt werden dürfen, wenn die zugrundeliegende Absprache von der formalen Rechtstellung abweicht.
(4) Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung liege nicht vor. Die Feststellungslast für das Vorliegen hinsichtlich der Schenkungsteuerpflicht und des Vorsatzes treffe das Finanzamt. Dieses habe das Vorliegen des Vorsatzes nicht ausreichend begründet. Der Hinweis auf die öffentliche Diskussion über Steuerhinterziehung bei Kapitalvermögen belege nicht den Hinterziehungsvorsatz von Schenkungsteuer, da eine öffentliche Diskussion über Schenkungsteuer nicht stattgefunden habe und vom Finanzamt auch nicht behauptet werde. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen sei nach den Vorschriften der AO und Finanzgerichtsordnung -FGO zu prüfen, wobei der Grundsatz „in dubio pro reo“ zu beachten sei.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid über Hinterziehungszinsen vom 28.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2012 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
(1) Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung sei erfüllt, da die Klägerin es unterlassen habe, eine dem § 30 Erbschaftsteuergesetz - ErbStG - genügende Anzeige abzugeben.
(2) Eine freigebige Zuwendung setze in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung unentgeltlich ist; dies erfordere, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen könne. Maßgebend hierfür sei ausschließlich die Zivilrechtslage. Ob ein Empfänger im Innenverhältnis über die ihm übertragenen Vermögenswerte endgültig und rechtlich frei verfügen konnte, hänge von den zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen ab. Seien ausdrückliche Vereinbarungen nicht getroffen worden, müssten aus der Handhabung der Beteiligten und den sonstigen objektiven Umständen Schlüsse gezogen werden. Es komme nicht darauf an, wem bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das übertragene Vermögen nach § 39 Abs. 2 AO zuzurechnen ist. Es genüge auch nicht, wenn der Empfänger nach außen rechtlich wirksam über das Zugewendete verfügen kann. Entscheidend sei vielmehr das Innenverhältnis des Empfängers zum Leistenden. Ist der Empfänger einer Leistung zivilrechtlich zur Rückgewähr des ihm zum Eigentum Überlassenen verpflichtet, sei er nicht bereichert.
Treuhandverhältnisse seien dadurch gekennzeichnet, dass die dem Treuhänder nach außen eingeräumte Rechtsmacht im Innenverhältnis zum Treugeber durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist. Bei der Prüfung von Treuhandverhältnissen sei ein strenger Maßstab anzulegen. Ein Treuhandverhältnis, dessen wesentliche inhaltliche Kriterien Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes sind, könne wegen der vom Zivilrecht abweichenden Zurechnungsfolge nur aufgrund ernst gemeinter und klar nachgewiesener Abreden berücksichtigt werden. Dabei gelten gerade im Verhältnis zu Angehörigen strenge Maßstäbe, sodass bloße Behauptungen einer mündlichen Treuhandvereinbarung nicht ohne Weiteres genügten. Zwar treffe das Finanzamt im Regelfall die Feststellungslast dafür, dass der Tatbestand erfüllt ist, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft. Diese Feststellungslast gehe jedoch nicht über den objektiven Tatbestand hinaus; sprächen die Tatsachen und Umstände für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung, so treffe den Steuerpflichtigen, der sich auf einen inneren Vorbehalt – das Vorliegen eines verdeckten Treuhandverhältnisses – beruft, insoweit die Beweislast. Gegen eine Treuhand spreche, dass die nacherklärten Erträge aus den strittigen ausländischen Kapitalvermögen bis zum Kalenderjahr 2000 einkommensteuerlich T zugeordnet worden seien.
T sei zivilrechtliche Eigentümerin und auf Kosten der Klägerin bereichert; dies sei den Beteiligten auch bewusst gewesen, was sich durch die Vorgehensweise von T, mit dem Geld nichts zu tun haben zu wollen, ergebe. Eine eingeschränkte Verfügungsmacht von T sei nicht nachgewiesen.
(3) Das BFH-Urteil vom 23.11.2011 II R 33/10 setze sich mit der Problematik auseinander, ob Einzahlungen eines Ehegatten auf ein Oder-Konto entsprechend § 430 BGB zu einer freigebigen Zuwendung an den anderen Ehegatten über den danach auf ihn entfallenden Teil des Kontoguthabens führen; bei Übertragung von Einzelkonten und -depots, auch wenn diese mit umfangreichen Verfügungsvollmachten belastet sind, stelle sich diese Rechtsfrage nicht, da zwischen Kontoinhaber und Verfügungsberechtigten keine Gesamtgläubigerschaft bestehe.
(4) Das Vorliegen der subjektiven Tatbestandsmerkmale sei nach den Vorschriften der AO bzw. FGO zu prüfen; Vorsatz schließe auch bedingten Vorsatz ein; das Finanzamt trage insoweit die Feststellungslast. Die Klägerin habe die ihr obliegende Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt. Die schenkungsteuerpflichtige Zuwendung gehöre aufgrund des Auslandsbezugs zur von der Klägerin beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre. Sie treffe eine erhöhte Mitwirkungspflicht, da es sich um einen Auslandssachverhalt handele. Die Missachtung einer gesetzlichen Anzeigepflicht, soweit die Tatsachen aus dem alleinigen Verantwortungsbereich der Klägerin stammten, könne dazu führen, dass aus ihrem Verhalten für sie nachteilige Schlüsse gezogen werden könnten. Dies könne auch eine Minderung des Beweismaßes bewirken mit der Folge, dass sich das Finanzamt über etwa gegebene Zweifel hinwegsetzen dürfe. Die Klägerin wäre deshalb verpflichtet gewesen, nähere Erkundigungen darüber einzuholen, in welcher Weise und wann sie das zuständige Finanzamt über die Übertragungsvorgänge zu informieren hätte. Das Unterlassen dieser für einen steuerlichen Laien selbstverständlichen Maßnahme spreche für das Vorhandensein eines zumindest bedingten Vorsatzes. Das Vorbringen, die Schenkungsteuerpflicht sei der Klägerin und T zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen und die Übertragungsvorgänge wären – wenn die Schenkungsteuerpflicht bewusst gewesen wäre – so gestaltet worden, dass in jedem Fall Schenkungsteuer vermieden worden wäre, sei eine Schutzbehauptung. Für Vorsatz spreche auch, dass T nach ihrer Verehelichung mit den Geldern nichts mehr zu tun haben wollte und eine Rückübertragung veranlasst habe. Angesichts der jahrelangen öffentlichen Diskussionen über Steuerhinterziehung bei Kapitalvermögen sei unglaubhaft, dass die Klägerin überhaupt dem vorgetragenen Irrtum habe unterliegen können.
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid über Hinterziehungszinsen vom 28.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2012 ist rechtmäßig.
1. Nach § 235 Abs. 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Zinsschuldner ist derjenige, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind. Der Zinslauf beginnt nach § 235 Abs. 2 AO mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils, es sei denn, dass die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinterziehung erst später fällig geworden wären. In diesem Fall ist der spätere Zeitpunkt maßgebend. Der Zinslauf endet nach § 235 Abs. 3 AO mit der Zahlung der hinterzogenen Steuern.
a) Voraussetzung des Zinsanspruchs ist eine vollendete Steuerhinterziehung, d.h. der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 AO muss erfüllt sein.
Nach § 370 Abs. 1 AO begeht Steuerhinterziehung, wer (1.) den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder (2.) die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Steuern sind nach § 370 Abs. 4 S. 1 AO namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht.
b) Das Finanzgericht hat im vorliegenden Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu prüfen, ob die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der Verkürzung von Schenkungsteuer vorliegen.
Bei dieser Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zinsbescheids ist das Finanzgericht nach dem BFH-Urteil vom 28.03.2012 II R 39/10, BStBl II 2012, 712, an die (bestandskräftige) Festsetzung von Schenkungsteuer nicht gebunden. Hiernach entfaltet ein Schenkungsteuerbescheid keine Bindungswirkung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO. Er ist nicht Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO. Grundlagenbescheide sind gemäß § 171 Abs. 10 Satz 1 AO Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide oder sonstige für eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte. Für die Annahme einer Bindungswirkung ist grundsätzlich eine gesetzliche Regelung erforderlich. Ohne gesetzlich angeordnete Bindungswirkung hat der BFH einen Grundlagenbescheid nur dort für möglich gehalten, wo Sachverhalte zu beurteilen sind, die die Finanzbehörde mangels eigener Sachkunde nicht selbst nachzuprüfen vermag. Weder § 235 AO noch eine andere Vorschrift sieht insoweit eine Bindungswirkung vor.
c) Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen von Normen des materiellen Strafrechts --wie des § 370 AO-- bei der Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften von den Finanzbehörden und den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit festzustellen, sind verfahrensrechtlich die Vorschriften der AO und der FGO maßgebend und nicht die Strafprozessordnung (vgl. BFH-Urteil vom 15.01.2013 VIII R 22/10, BStBl II 2013, 526). Der BFH hat zur Frage der Inhaftungnahme wegen Steuerhinterziehung nach § 71 AO ausgeführt, das Finanzgericht habe gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, ob (für den Erlass eines Haftungsbescheids nach § 71 AO) diejenigen Tatsachen vorliegen, die den Tatbestand des Strafgesetzes ausfüllen. Allerdings dürfe es sich für die Feststellung einer Steuerhinterziehung nicht auf die Anwendung eines reduzierten Beweismaßes oder eine Schätzung beschränken; verbleibende Zweifel gingen nach den Regeln der Feststellungslast zu Lasten des Finanzamts. Bezüglich des Vorliegens einer Steuerhinterziehung ist allerdings kein höherer Grad von Gewissheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Feststellungslast trägt (BFH-Urteil 07.11.2006 VIII R 81/04, BStBl II 2007,364).
Welche Anforderungen gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO im Einzelfall an die richterliche Überzeugungsbildung gestellt werden müssen, entzieht sich nach der vorgenannten BFH-Entscheidung weitgehend abstrakter Festlegung. Grundsätzlich muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen wie der Steuerhinterziehung bilden. Das bedeutet, dass der Tatrichter ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem persönlichen Gewissen unterworfen persönliche Gewissheit in einem Maße erlangt, dass er an sich mögliche Zweifel überwindet und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann, wobei der Richter nicht eine von allen Zweifeln freie Überzeugung anstreben darf, sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen vielmehr mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit überzeugen muss (vgl. BFH-Urteil vom 15.01.2013 VIII R 22/10, BStBl II 2013, 526 m.w.N.).
Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 370 AO im Rahmen der Überprüfung des vorliegenden Bescheides wegen Festsetzung von Hinterziehungszinsen.
d) Der objektive Tatbestand der Verkürzung von Schenkungsteuer ist im Streitfall erfüllt.
aa) In der (Rück-)Übertragung des Geldes/der Wertpapiere von T auf ein auf die Klägerin lautendes Konto liegt eine Schenkung von T an die Klägerin; zuvor waren mit der Übertragung von Geld/Wertpapieren diese von der Klägerin an T geschenkt worden.
(i) Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 23.11.2011 II R 33/10, BStBl II 2012, 473 und vom 30.11.2009 II R 70/06, BFH/NV 2010, 900). Dies erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann; maßgebend hierfür ist ausschließlich die Zivilrechtslage (BFH-Urteile vom 22.08.2007 II R 33/06, BStBl II 2008, 28 und vom 16.01.2008 II R 10/06, BStBl II 2008, 631), nicht aber, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise das übertragene Vermögen nach § 39 Abs. 2 AO zuzurechnen ist (Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke, ErbStG, § 7 Rz. 202 m.w.N.). Ist der Empfänger einer Leistung zivilrechtlich zur Rückgewähr des Überlassenen verpflichtet, fehlt es insoweit an einer Bereicherung des Empfängers (vgl. BFH-Urteil vom 25.01.2001 II R 39/98, BFH/NV 2001, 908, m.w.N.). Wird dem Empfänger ein Vermögensgegenstand lediglich treuhänderisch übereignet, tritt keine Bereicherung ein (Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke, ErbStG, § 7 Rz. 202 m.w.N.).
Eine „Entreicherung“ liegt vor, wenn die gegenwärtige Vermögenssubstanz dauerhaft gemindert wird. Der Schenker muss „ärmer“ werden (Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke, ErbStG, § 7 Rz. 160 m.w.N.)
Der Zuwendungsgegenstand wird dabei verkörpert durch die Vermögensmehrung, die durch die Erhöhung des Vermögensbestandes beim Empfänger eintritt (Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rn. 57).
Lautet ein Bankkonto allein auf einen Namen, ist derjenige im Zweifel auch Kontoinhaber und als solcher Gläubiger des ausgewiesenen Guthabens (Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 10 Rn. 23).
(ii) Mit der (Rück-)Übertragung des Geldbetrages/ der Wertpapiere vom Konto der T auf das Konto der Klägerin liegt eine Entreicherung von T und eine Bereicherung der Klägerin vor, da die Klägerin über das (rückübertragene) Geld/die Wertpapiere als Konto-/Depotinhaberin tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte.
(iii) Zuvor war - zwischen den Beteiligten unstreitig in den Jahren 1997 und 1998 - das ursprünglich der Klägerin gehörende Geld- und Wertpapiervermögen T von der Klägerin geschenkt worden. In der Übertragung des Geldbetrages/der Wertpapiere auf ein auf T lautendes Konto/Depot lag eine Entreicherung der Klägerin und eine Bereicherung von T vor, da T über das Geld/die Wertpapiere als Konto-/Depotinhaberin tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte. Die Klägerin war nicht Konto-/Depotinhaberin; ihre Vermögenssubstanz war um das auf dem Konto/Depot von T angelegte Geld gemindert.
(iv) Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerin, wonach sie die Möglichkeit, tatsächlich und rechtlich frei über das Guthaben zu verfügen, aufgrund der ihr eingeräumten Vollmacht nie verloren habe und wonach infolgedessen bei ihr keine Entreicherung und keine Schenkung an T vorgelegen habe.
Die Einräumung einer Vollmacht ist nur ab 15.04.1998 nachgewiesen. Die Klägerin hat eine Vollmacht über das auf T lautende Konto nur in der Ausfertigung vom 15.04.1998 vorgelegt. Diese kann nur für die vom Finanzamt angenommenen Zuwendungen zum 09.10.1998 (als Vorschenkung berücksichtigt) und 02.11.1998 von Belang sein. Für die Zeit vor dem 15.04.1998, in die die vom Finanzamt angenommene, als Vorschenkung berücksichtigte Zuwendung zum 31.12.1997 fällt, ist keine Vollmacht nachgewiesen. Eine solche ist im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO von der Klägerin vorzulegen.
Selbst das Vorliegen einer Vollmacht hindert jedoch nicht eine Entreicherung der Klägerin, da deren Vermögenssubstanz durch die Übertragung des Geldes/der Wertpapiere auf T entsprechend gemindert wurde. T und nicht die Klägerin ist nach der Übertragung als Kontoinhaberin Gläubigerin des ausgewiesenen Guthabens (vgl. Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 10 Rn. 23).
(v) Der Umstand, dass T nach dem Vortrag der Klägerseite mit dem Geld/Konto außer der Unterschriftsleistung bei Eröffnung des Kontos/Depots nichts zu tun gehabt habe und nur formal Kontoinhaberin gewesen sei, hindert nicht das Vorliegen einer Schenkung.
T konnte als Konto-/Depotinhaberin tatsächlich und rechtlich frei über den Konto-/Depotbestand verfügen. Der gegebenenfalls vorhandene „innere Vorbehalt“ der Beschenkten gegen das Geld ist für die Beurteilung der Schenkung irrelevant. Nach der Rechtsprechung des BFH genügt für den subjektiven Tatbestand der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit (BFH-Urteil vom 02.03.1994 I IR 59/92, BStBl II 1994, 366).
(vi) Die Klägerin hat ein nach ihrem Vortrag materiell beabsichtigtes Treuhandverhältnis mit ihr als Treugeberin und T als Treunehmerin nicht nachgewiesen.
Für das Bestehen eines Treuhandverhältnisses muss sich aus den Vereinbarungen im Innenverhältnis eindeutig ergeben, dass die mit der rechtlichen Eigentümerstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis so eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum eine „leere Hülle“ bleibt (BFH-Urteil vom 20.01.1999 I R 69/97, BStBl II 1999, 514). Allgemein ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis im steuerrechtlichen Sinne tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen (BFH-Urteil vom01.12.2010 IV R 17/09, BStBl II 2011, 419 m.w.N.). Wesentliche inhaltliche Kriterien für die steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und --jedenfalls im Grundsatz-- dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts (vgl. zum Weisungsrecht gegenüber dem Treuhänder: Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, unter C.V.3.b cc; hinsichtlich aller genannten Voraussetzungen: BFH-Urteile vom 15.07.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152 und vom 20.01.1999 I R 69/97, BStBl II 1999, 514, jeweils m.w.N.; vom04.12.2007 VIII R 14/05 BFH/NV 2008, 745). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen. Auch muss das Treuhandverhältnis wegen der vom Zivilrecht abweichenden Zurechnungsfolge auf ernst gemeinten und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und auch tatsächlich durchgeführt werden (gleichfalls ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 15.07.1997, VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152, und vom 04.12.2007 VIII R 14/05 BFH/NV 2008, 745; BFH-Beschluss vom 11.03.2008 IV B 77/07, BFH/NV 2008, 1159); dabei wird auch die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung vorausgesetzt. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (vgl. BFH-Urteile vom15.07.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152 und vom 04.12.2007 VIII R 14/05 BFH/NV 2008, 745).
Gemäß § 159 Abs. 1 S. 1 AO hat derjenige, der behauptet, dass er auf seinen Namen lautende Rechte oder Sachen in seinem Besitz nur als Treuhänder, Vertreter eines anderen oder Pfandgläubiger innehabe oder besitze, auf Verlangen nachzuweisen, wem die Rechte oder Sachen gehören; anderenfalls sind sie ihm regelmäßig zuzurechnen. Diese Vorschrift basiert auf dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der sich auf einen vom äußeren Anschein abweichenden Sachverhalt beruft, diesen Sachverhalt zu beweisen hat, wenn er keinen Rechtsnachteil erleiden will (Pahlke/Cöster, AO, § 159 Rz. 1 mit Hinweis auf BT-Drs. VI/1982, 146). Es handelt sich bei § 159 Abs. 1 S. 1 AO in erster Linie um eine Beweislastregelung (BT-Drs. VI/1982, 146). Die Regelung als steuerrechtliche Beweisführungslastregelung greift nur dann nicht ein, wenn die Person nachgewiesen wird, der das Recht oder die Sache tatsächlich zuzurechnen ist (BFH-Beschluss vom 15.07.2008 II B 54/07, juris; BFH-Urteil vom 13.11.1985 I R 7/85, BFH/NV 1986, 638); die Entscheidung über die Zurechnung ist dann in das pflichtgemäße Ermessen des Finanzamts gestellt. § 159 ist im Rahmen der Erbschaftsteuer anwendbar (Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 159 Rz. 5; Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Anh AO Rz. 11). Von § 159 Abs. 1 S. 1 AO erfasst sind auch Forderungen wie z.B. die Zurechnung von Bankguthaben auf einem Konto, das auf den Namen eines Steuerpflichtigen lautet (Pahlke/Cöster, AO, § 159 Rz. 9; Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 159 zn. 7: ein „Hauptanwendungsfall“ von § 159 AO).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin das Bestehen eines Treuhandverhältnisses nicht nachgewiesen. Sie hat keine schriftliche Treuhandvereinbarung vorgelegt oder eine ernst gemeinte Treuhandvereinbarung in anderer Weise klar nachgewiesen. Der Klägerin obliegt die Beweis- und Feststellungslast für das Bestehen des Treuhandverhältnisses. Die Nichterweislichkeit geht zu ihren Lasten.
(vii) Auch von einem Treuhandverhältnis mit auf den Todesfall aufschiebend bedingter Schenkung kann darüber hinaus nicht ausgegangen werden.
Ein solches Treuhandverhältnis ist nicht nachgewiesen. Zudem konnte T als Konto-/Depot-Inhaberin bereits zu Lebzeiten der Klägerin tatsächlich und rechtlich frei über das Konto/Depot verfügen und nicht erst im Todesfall, so dass eine bereits verwirklichte Schenkung vorliegt.
(viii) Der Senat folgt nicht der – neben dem Bestehen eines Treuhandverhältnisses geäußerten – klägerseitigen Auffassung, T als Kontoinhaberin habe im Innenverhältnis nicht frei verfügen dürfen; nur die Klägerin sei weiterhin verfügungsberechtigt gewesen. Der Senat kann dafür keine Tatsachen oder verlässliche Anhaltspunkte feststellen.
Der Klägervertreter ist der Auffassung, dem BFH-Urteil vom 23.11.2011 II R 33/10 (BStBl II 2012, 473) sei allgemein zu entnehmen, dass keine überzogenen formalistischen Anforderungen an den Nachweis einer zivilrechtlichen Absprache gestellt werden dürfen, wenn die zugrunde liegende Absprache von der formalen Rechtsstellung abweicht.
Diese allgemeine Schlussfolgerung lässt sich nach Auffassung des Senats aus dem o.g. genannten BFH-Urteil nicht ziehen. Vielmehr hat der BFH (nur) über die Konstellation eines Gemeinschaftskontos (Oder-Konto) von Ehegatten bei Einzahlungen nur eines Ehegatten zur Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung erforderlich sind, entschieden und dabei ausgeführt, wann eine Abweichung von der Auslegungsregel des §§ 430 BGB „soweit nicht ein anderes bestimmt ist“ vorliegt und in wessen Bereich die Feststellungslast liegt. Fehlten schriftliche oder mündliche Vereinbarungen über ein von der Auslegungsregel des §§ 430 BGB abweichendes Innenverhältnis zwischen den Eheleuten in Bezug auf das Gemeinschaftskonto, sei das Innenverhältnis vornehmlich aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen. Maßgeblich sei, wie die Eheleute das Oder-Konto tatsächlich handhaben.
Diese vom BFH beurteilte Konstellation unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom vorliegenden Streitfall: Ein Gemeinschaftskonto/-Depot liegt hier nicht vor, sondern ein Einzelkonto/-Depot. Es handelt sich bei den an einer freigebigen Zuwendung Beteiligten nicht um Personen, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, sondern um Stiefmutter und -tochter. Für eine Verallgemeinerung der vom Klägervertreter aus dem BFH-Urteil gezogenen Schlussfolgerungen besteht kein Anlass. Vielmehr hat der BFH in der Entscheidung vom 23.11.2011 für die dort zugrundeliegende Konstellation - orientiert am tatsächlichen Ein- und Auszahlungsverhalten der Ehegatten und der Möglichkeit der Bildung eigenen Vermögens - durch Zuordnung der Feststellungslast das Vorliegen freigebiger Zuwendungen austariert.
Damit bleibt es nach Auffassung des Senats bei der allgemeinen Verteilung der Beweis- und Feststellungslast.
Dem Finanzamt obliegt grundsätzlich die Beweislast für die schenkungsteuerbegründenden Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und damit dafür, dass T aufgrund der Zuwendung der Klägerin tatsächlich und rechtlich frei über das Zugewendete verfügen kann. Mit dem Vorbringen, T sei als Kontoinhaberin hierzu berechtigt, tut das Finanzamt seiner Beweislast genüge.
Wenn die Klägerin äußert, T habe im Innenverhältnis nicht frei verfügen dürfen, nur sie selbst sei weiterhin verfügungsberechtigt gewesen, beruft sie sich auf einen vom äußeren Anschein abweichenden Sachverhalt. Sie trägt hierfür die Beweis- und Feststellungslast. Diese geltend gemachte Abweichung vom Regelfall der Kontoinhaberstellung beruht nach dem Klägervorbringen auf einer Vereinbarung von Stiefmutter und -tochter im Innenverhältnis zueinander. Käme in diesen Fällen der Untersuchungsgrundsatz nach § 88 AO zur Anwendung, könnte die Sachverhaltsermittlung für das Finanzamt übermäßig erschwert sein, auch wenn den Steuerpflichtigen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 90 AO träfen. Denn es geht um Umstände, die in der Sphäre des Steuerpflichtigen liegen.
Die Klägerin und T tragen zwar übereinstimmend vor, T habe im Innenverhältnis nicht frei verfügen dürfen, nur die Klägerin sei weiterhin verfügungsberechtigt gewesen. Eine schriftliche Absprache, die dies belegt, existiert aber nicht. Allerdings entspricht (wohl) die praktische Handhabung in den Jahren 1997-2001 dem Vorbringen insoweit, dass T tatsächlich über das Konto/Depot nicht verfügt hat. Aus dem tatsächlichen Nichtverfügen folgt aber nicht und auch nicht notwendig ein Nichtverfügen-Dürfen von T. Einen Nachweis, dass T über das ihr übertragene Geld- und Wertpapiervermögen trotz Stellung als Kontoinhaberin im Innenverhältnis nicht verfügen durfte, hat die Klägerin nicht erbracht. Diese Nichterweislichkeit geht zu ihren Lasten. Es ist auch nicht von der Klägerin vorgetragen oder dargelegt worden, dass eine derartige Einschränkung der Verfügungsberechtigung der Kontoinhaberin T mit der Bank vereinbart oder abgesprochen gewesen wäre.
bb) Die Klägerin hat die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Die Klägerin ist ihrer Anzeigepflicht nach § 30 Abs. 1 ErbStG nicht nachgekommen. Das beklagte Finanzamt wurde erst nach erfolgter Selbstanzeige vom Finanzamt P über die entsprechenden Tatsachen in Kenntnis gesetzt.
Die Verkürzung von Schenkungsteuer i.S.v. § 370 Abs. 4 AO durch die Klägerin liegt vor, da die Schenkungsteuer für die Zuwendung an die Klägerin infolge Nichtanzeige durch die Klägerin nicht rechtzeitig festgesetzt wurde.
e) Die Klägerin hat hinsichtlich der Hinterziehung von Schenkungsteuer mit bedingtem Vorsatz gehandelt.
aa) Bei Steuerhinterziehung muss sich der Vorsatz auf sämtliche äußeren Tatbestandsmerkmale erstrecken, d.h. auf die jeweiligen Tathandlungen nach Nummern § 370 Abs. 1 Nr. 1 - 3 AO, den Hinterziehungserfolg und den Zurechnungszusammenhang. Der Täter muss den Sinngehalt des Tatbestandsmerkmals und des darunter zu subsumierenden Verhaltens zutreffend erfassen (Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 619 f).
Der Vorsatz wird durch Absicht (direkter Vorsatz ersten Grades), wissentliche Tatbestandsverwirklichung (direkter Vorsatz zweiten Grades) oder bedingten Vorsatz verwirklicht (vgl. Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 608). Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Täter ernsthaft mit der Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung rechnet und den Erfolg in Kauf nimmt. Fahrlässigkeit hingegen ist gegeben, wenn der Täter auf das Ausbleiben des Erfolges vertraut hat (vgl. Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 612).
Bei § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO muss der Täter als Voraussetzung des bedingten Vorsatzes zumindest ernsthaft für möglich halten und billigen, dass er die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und durch sein Verhalten Steuern verkürzt werden oder er oder ein anderer nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Die Unkenntnis der rechtlichen Verpflichtung zum Handeln, also der Irrtum über die Pflichtwidrigkeit des Unterlassens – hier die Anzeigepflicht nach § 30 Abs. 1 ErbStG – wird nach herrschender Meinung nicht als vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum i.S.v. § 16 Strafgesetzbuch -StGB, sondern also Verbotsirrtum nach § 17 StGB behandelt (vgl. Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 667, 668).
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er nach § 17 StGB ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden.
bb) Der Senat ist nach § 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO vom Vorliegen bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Hinterziehung von Schenkungsteuer bei der Klägerin überzeugt.
Die Klägerin besaß seit den 1960er-Jahren nicht unerhebliches Vermögen, das sie in Folge in der Schweiz angelegt hatte. Sie ist, wie sich aus ihren Einlassungen in der mündlichen Verhandlung und den vom Klägervertreter vorgelegten Unterlagen ergibt, im Umgang mit Geldangelegenheiten und Bankgeschäften durchaus versiert.
Der in Bankangelegenheiten erfahrenen Klägerin ist und war bekannt, dass mit der Anlage von zunächst eigenem Geld bzw. Wertpapieren auf den Namen eines anderen dieser darüber frei verfügen kann und die eigene Rechtsposition am Geld/Wertpapier auch bei Einräumung einer Bankvollmacht verloren geht. Der Senat kann sich nicht vorstellen, dass diese auch einem rechtlichen Laien durchaus geläufigen Folgen eines Austauschs des (Konto-) Inhabers von Geldanlagen bei einer Bank der Klägerin unbekannt gewesen sein sollten.
Im Jahr 2000 wollte die Stieftochter nach ihrer Heirat gemäß den Ausführungen der Klägerin „nichts mehr mit dem Geld zu tun haben“. Daraufhin erfolgte die Rückübertragung des Konto-/Depotguthabens auf ein Konto der Klägerin.
Hieraus wird deutlich, dass nach dem Verständnis der Klägerin und ihrer Stieftochter die Stieftochter zuvor „mit dem Geld zu tun hatte“, d.h diese sich mit dem Geld „identifizierte“, dass es also nach Auffassung beider zuvor Geld und damit Vermögen der Stieftochter war und diese dies auch so verstand. Denn sonst wäre nicht ihr Wunsch verständlich, nach ihrer Heirat damit nichts mehr zu tun haben zu wollen. Wäre das Vermögen aus ihrer Sicht noch weiterhin Vermögen der Stiefmutter gewesen, hätte sie ja mit deren Geld nichts zu tun gehabt und es hätte nicht der (Rück-) Übertragung des Guthabens auf ein Konto der Klägerin bei der Schweizer Bank B durch die Klägerin bedurft.
Die Klägerin und ihre Stieftochter gingen nach der Rückübertragung davon aus, dass das Geld nun wieder Vermögen der Klägerin war. Dies wird auch daraus deutlich, dass die Klägerin das Geld wieder auf ihren Namen anlegte. Die Stieftochter „distanzierte“ und trennte sich nach Überzeugung des Senats deutlich von diesem Vermögen, da sie nicht einmal, wie von der Klägerin vorgesehen, die Unterschriftskarte für eine Vollmacht bei der Schweizer Bank B unterschrieb.
Demnach wusste die Klägerin nach Überzeugung des Senats und war ihr auch bewusst, dass sie der Stieftochter das Geld zunächst zu Eigentum übertragen hatte und später im Jahr 2000 bzw. 2001 eine entsprechende Rückübertragung erfolgt war.
Weiter war der Klägerin bekannt, dass beide Übertragungen unentgeltlich und damit als freigebige Zuwendungen erfolgten. Denn von der Klägerin ist weder das Vorliegen einer Gegenleistung für eine Übertragung geltend gemacht worden noch ist für eine der Übertragungen irgendeine Gegenleistung ersichtlich. Damit hatte die Klägerin zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich des Vorliegens von Schenkung und Rückschenkung.
Der Senat hat zudem die Überzeugung gewonnen, dass der in Geldangelegenheiten durchaus versierten Klägerin bekannt war, dass Schenkungen – zumal in der Größenordnung von mehr als einer halben Million DM wie durch die Rückschenkung - der Besteuerung mit Schenkungsteuer unterliegen und für Schenkungen jedenfalls in dieser Größenordnung eine Anzeige- oder irgendwie geartete Mitteilungspflicht gegenüber dem Finanzamt besteht. Durch das Unterlassen einer Mitteilung hat sie nach Auffassung des Senats eine Verkürzung der Schenkungsteuer zumindest billigend in Kauf genommen. Die Klägerin verfügte über erhebliches Vermögen, das sie bereits seit längerem im Ausland angelegt hatte, sie hatte demnach Erfahrung im Umgang mit Geld / Wertpapieren. Ihr war durchaus bekannt, dass Schenkungen eine Besteuerung mit Schenkungsteuer zur Folge haben können. Im gesamten Verfahren und auch auf Befragung in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nicht zum Ausdruck gebracht, dass ihr die Schenkungsteuerpflicht wenigstens bei größeren Vermögenszuwendungen wie im Streitfall sowie die entsprechende Mitteilungspflicht gegenüber dem Finanzamt unbekannt gewesen wären. Auch der Umstand, dass sie trotz umfangreichen, in der Schweiz befindlichen Kapitalvermögens die hieraus stammenden Einkünfte in der Einkommensteuererklärung über Jahre nicht erklärt hat, lässt ein planmäßiges Negieren steuerlicher Pflichten einschließlich der Schenkungsteuer hinsichtlich dieses nicht unerheblichen Auslandvermögens erkennen. Auch die Frage einer Schenkungsteuer sowie einer Mitteilung an die Finanzverwaltung wegen der Zuwendung in Form der Rückübertragung des Geldes stellte sich angesichts der Höhe des betroffenen Betrags von über 700.000 DM für die Klägerin im Jahr 2000 bzw. 2001 durchaus.
Sollte der Klägerin gleichwohl das Bestehen einer Anzeigepflicht wegen der Schenkungen – etwa wegen des Vermögens im Ausland - nicht bekannt gewesen sein, liegt im Irrtum über die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns ein Verbotsirrtum i.S.v. § 17 StBG vor. Fehlt hiernach dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er nach § 17 StGB ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Die Klägerin hätte aber einen solchen Irrtum durch steuerliche Beratung vermeiden können, so dass in diesem Fall ein vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt, der keinen Ausschluss der Schuld zur Folge hat.
2. Das Finanzamt hat zu Recht die Klägerin als Zinsschuldnerin in Anspruch genommen.
a) Zinsschuldner ist nach § 235 Abs. 1 S. 2 AO derjenige, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind. Dies ist der Schuldner der hinterzogenen Steuern (Loose in Tipke/Kruse, AO, § 235 Rz. 13).
b) Sowohl Schenker als auch Beschenkter schulden gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG die Schenkungsteuer und sind daher Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 1 S. 1 AO. Jeder der Gesamtschuldner schuldet die gesamte Leistung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO).
Das Finanzamt hat die Entscheidung, gegen welchen der Gesamtschuldner die Schenkungsteuer festgesetzt wird, gemäß § 5 AO nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (BFH-Urteil vom 01.07.2008 II R 2/07, BStBl II 2008, 897). Die Ermessensentscheidung bedarf nach Maßgabe des § 121 Abs. 1 AO einer Begründung, soweit diese zum Verständnis des Steuerbescheids erforderlich und die Begründung nicht nach § 121 Abs. 2 AO entbehrlich ist. Setzt das Finanzamt die Schenkungsteuer gegen den Bedachten fest, braucht es dies im Regelfall nicht zu begründen, weil eine Begründung zum Verständnis des Steuerbescheids nicht erforderlich ist. Dem Wesen der Schenkungsteuer als Bereicherungssteuer entsprechend ist das Finanzamt nämlich grundsätzlich gehalten, sich bei der Anforderung der Steuer an den Bedachten zu halten (BFH-Urteil vom29.11.1961 II 282/58 U, BStBl III 1962, 323; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 44 Rz 48).
c) Grundsätze zur Ausübung des Auswahlermessens und zur Begründung der Auswahlentscheidung gelten auch für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen (vgl. BFH-Beschluss vom 02.02.2010 II B 46/09, BFH/NV 2010, 837, der auf die BFH-Entscheidungen vom 01.07.2008 II R 2/07, BStBl II 2008, 897 sowie vom 08.06.2007 VII B 280/06, BFH/NV 2007, 1822 verweist).
Zinsschuldner sind die Klägerin und T als Gesamtschuldner. Das Finanzamt hat sein Auswahlermessen dahingehend ausgeübt, dass als Zinsschuldnerin die (rück)-beschenkte Klägerin herangezogen wurde; eine Begründung dafür erfolgte weder im Zinsbescheid vom 28.03.2011 noch im Schriftverkehr im Einspruchsverfahren oder in der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2012. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden. Der Grundsatz, dass das Finanzamt die Festsetzung der Schenkungsteuer im Regelfall gegenüber dem Bedachten nicht zu begründen hat, weil eine Begründung zum Verständnis des Steuerbescheids nicht erforderlich ist, ist grundsätzlich auch auf die Hinterziehungszinsen übertragbar.
3. Der Zinslauf, wie er der Einspruchsentscheidung zugrunde gelegt wurde, ist nicht zu beanstanden. Das Finanzamt konnte bei fristgerechter Anzeige gemäß § 30 ErbStG und mutmaßlicher behördlicher Bearbeitungszeit von 3 Monaten von einem Zinslauf ab 04.07.2001 ausgehen. Der Zinslauf endet nach § 235 Abs. 3 AO mit der Zahlung der hinterzogenen Steuern am 15.02.2011.
4. Die Revision wird im Hinblick auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zur Klärung der Frage der Feststellungslast bei einer von der formalen Rechtsinhaberschaft abweichenden tatsächlichen Handhabung zwischen nahe stehenden Personen vor dem Hintergrund der Entscheidung des BFH vom 23.11.2011 II R 33/10 (BStBl II 2012, 473) zugelassen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens (§ 135 Abs. 1 FGO).